Geschichte
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„Bismarck“
Hitlers Superschlachtschiff sprengte alle Dimensionen
Von Johann Althaus
Veröffentlicht am 13.02.2019Lesedauer: 5 Minuten
Die Taufe des größten Schlachtschiffs der Welt geriet am 14. Februar 1939 zur NS-Propaganda-Show. Die „Bismarck“ solle bis „zum letzten Atemzug“ kämpfen, erklärte Hitler. Zwei Jahre später tat sie es.
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Namen sind Statements, nicht „Schall und Rauch“, wie Johann Wolfgang von Goethe im „Faust“ schrieb. Natürlich war die Auswahl, die Adolf Hitler am 14. Februar 1939 in Hamburg offiziell bekannt gab, eine bewusste Ansage: Das erste 35.000-Tonnen-Schlachtschiff der Kriegsmarine sollte nach dem „Eisernen Kanzler“ heißen, also „Bismarck“.
In seiner Rede zum Stapellauf sagte der „Führer und Reichskanzler“ unmissverständlich: „Unter all den Männern, die es beanspruchen können, Wegbereiter des neuen Reiches gewesen zu sein, ragt einer in gewaltiger Einsamkeit heraus: Bismarck!“
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Dieser Name war Hitler so wichtig, dass er die Inszenierung der Benennung mit einigem Aufwand betrieb. Er war entgegen seiner Gewohnheit am 13. Februar 1939 schon recht früh in Berlin aufgebrochen – der Sonderzug Richtung Hamburg fuhr um 9:17 Uhr ab. Gegen Mittag war die erste Station erreicht: der Bahnhof Friedrichsruh. Hitler stieg aus und ging die wenigen Meter zum Bismarck-Mausoleum auf dem Schneckenberg südlich der Bahnstrecke und legte auf dem Sarkophag einen Lorbeerkranz nieder. Anschließend besuchte er noch das Schloss der Familie Bismarck, bevor der Zug weiter nach Hamburg Dammtor fuhr.
Am nächsten Morgen, nach der Übernachtung im Hotel „Atlantic“ an der Außenalster, bestieg Hitler an den Landungsbrücken die Yacht „Hamburg“ des Senates der Hansestadt und überquerte die Elbe. Sein Ziel: die Werft Blohm & Voss.
Hier lag der gigantische Schiffsrumpf des „Neubaus F“ auf Helling – bereit, zu Wasser gelassen zu werden. Er war 250,5 Meter lang, bis zu 36 Meter breit und würde voll ausgerüstet einen Tiefgang von zehn Metern haben. Die Werft war festlich geschmückt; Dutzende Hakenkreuzflaggen flatterten über Tausenden Schaulustigen.
Der Termin war nicht selbst gewählt, sondern von der Natur vorgegeben: Obwohl an diesem Dienstag die gesamten Aufbauten des neuen Schiffs noch fehlten, die vier riesigen Doppelgeschütztürme ebenso wie die Brücke, also mehrere Tausend Tonnen gegenüber dem Konstruktionsgewicht, konnte der Stapellauf doch nur auf dem Höhepunkt des Tidenhubs erfolgen. Sonst hätte der mehr als 20.000 Tonnen schwere Rumpf des Schiffes beim ersten Eintauchen den Grund der Elbe berühren können.
Rund eine Viertelstunde lang sprach Hitler und erinnerte an Bismarcks Leistung als „Schmied des Reiches“. Allerdings verschwieg er dabei das stete Bemühen seines Vorgängers um gute Beziehungen zu Großbritannien und Russland. Dafür erinnerte Hitler an Bismarcks „Widerstand gegen die politisierende Zentrumspriesterschaft“, der „von innen her gelähmt“ worden sei, ebenso wie „sein Versuch, den Marxismus mit allen Mitteln aus dem deutschen Volke auszurotten“.
Dann jedoch kam er zur Hauptsache: „Im sechsten Jahre nach der nationalsozialistischen Revolution erleben wir heute den Stapellauf des dritten, nunmehr größten Schlachtschiffes unserer neuen Flotte. Als Führer des deutschen Volkes und als Kanzler des Reiches kann ich ihm aus unserer Geschichte keinen besseren Namen geben, als den des Mannes, der als ein wahrer Ritter ohne Furcht und Tadel Schöpfer eines Deutschen Reiches war, dessen Wiederauferstehung aus bitterster Not und dessen wunderbare Vergrößerung uns die Vorsehung nunmehr gestattet.“ Die Zuhörer jubelten.
Hitler fuhr fort: „Deutsche Konstrukteure, Ingenieure und Werkarbeiter haben den gewaltigen Rumpf dieses stolzen Riesen zur See geschaffen. Mögen sich die deutschen Soldaten und Offiziere, die die Ehre besitzen, dieses Schiff einst zu führen, jederzeit seines Namensträgers würdig erweisen!“
Nach Hitlers Rede kam Generaladmiral Erich Raeder, der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, an die Reihe und erklärte: „Wir sind uns der hohen Verpflichtung dieses Namens bewusst, und wir geloben heute Ihnen, mein Führer, dass die Besatzung dieses Schiffes, dass die ganze Kriegsmarine dieser hohen Verpflichtung und Verantwortung sich stets bewusst sein wird bis zum letzten Atemzug.“
Nun folgte noch die offizielle Taufe, traditionell ausgeführt von einer Frau, in diesem Fall von Bismarcks Enkelin Dorothee von Loewenfeld. Sie sprach die vorgegebenen Worte: „Auf Befehl des Führers taufe ich dich auf den Namen ‚Bismarck‘.“ Dann warf sie eine Magnumflasche Sekt gegen den Bug. Dann, exakt um 13:09 Uhr, war es so weit: Die Ablaufbremse wurde gelöst und der Rumpf setzte sich in Bewegung. Gut 20 Sekunden dauerte es, bis die „Bismarck“ vollständig schwamm.
Dem stolzen Schiff war allerdings nur eine sehr kurze Karriere gegönnt. Nach der Fertigstellung bis August 1940 fuhr das Schlachtschiff acht Monate im Probe- und Ausbildungsbetrieb, bis sie am 18. Mai 1941 zu ihrem ersten und einzigen Einsatz auslief: dem „Unternehmen Rheinübung“.
Zu dieser Zeit war die „Bismarck“ mit nun mehr als 50.000 Tonnen Wasserverdrängung das größte, zugleich aber auch das modernste und kampfkräftigste Großkampfschiff der Welt und entsprach ganz dem neuen Typ des Schnellen Schlachtschiffs, der die Vorzüge des Schlachtkreuzers und Schlachtschiffs in sich vereinigte.
Den britischen und französischen Neubauten der späten 1930er-Jahre wie der „Strassbourg“ oder der HMS „Prince of Wales“ war sie an Geschwindigkeit – 30,6 Knoten – wie an Feuerkraft – acht 38-Zentimeter-Geschütze – überlegen. Die abermals größeren und stärker bewaffneten japanischen und amerikanischen Superschlachtschiffe der Yamato- und der Iowa-Klasse befanden sich hingegen im Frühjahr 1941 noch im Bau.
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Die Überlegenheit der „Bismarck“ zeigte sich am 24. Mai 1941. Beim Durchbruchsversuch in den Atlantik stellte sich ihr die britische „HMS Hood“ entgegen. Nach fünf Salven der „Bismarck“ sank das größte Schlachtschiff der Royal Navy.
Drei Tage später erlag die „Bismarck“ jedoch der feindlichen Übermacht. Nachdem ein Treffer die Ruderanlage zerstört hatte, wurde das Schlachtschiff von dem Schweren Kreuzer „HMS Dorsetshire“ mit drei Torpedos versenkt; vielleicht sprengte aber auch die eigene Besatzung den Stolz der Kriegsmarine selbst. Die „Bismarck“ hatte jedoch tatsächlich „bis zum letzten Atemzug“ durchgehalten: Von den mehr als 2200 Mann an Bord überlebten nur 115.
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